Der Aufstieg beginnt bei Eben am Achensee auf 960 Meter Höhe. Insgesamt liegen 1.000 Höhenmeter vor mir und die Strecke ist als mittelschwer ausgewiesen. Die erste Etappe bis zur Astenau Alpe komme ich sehr gut voran. Der Weg ist nicht allzu schwer. Ich liege sehr gut in der Zeit - bin sogar besser durchgekommen, als geplant. Hier die nächste Analogie: Nur weil ich die erste Hälfte der Strecke schneller war als geplant, muss das für den zweiten Teil nicht auch gelten. Wenn es also im Leben gut läuft, musst Du weiter Gas geben und Dich nicht zurücklehnen und Dich auf dem Erfolg ausruhen.
Aber ich nutze die Zeit, um ein wenig durchzuschnaufen und mache die ersten Bilder des Tages.
Die letzten 450 Höhenmeter liegen vor mir und schon die nächste Analogie: Alles was wir im Leben anstreben liegt auf der anderen Seite von Angst. Ich muss eine Kuhweide überqueren. Überall liegen Kühe rum und schauen mich an. Ich versuche sie mit meiner Lampe nicht zu blenden. Es ist immer noch sehr dunkel und ein Schild weist darauf hin, Abstand von den Kühen zu halten, da diese ihre Kälber schützen.
Klingt jetzt ganz lustig - aber ich garantiere, dass das im Dunkeln etwas anders ist. Also schnalle ich schon einmal das Stativ vom Rucksack. Könnte sich noch als nützlich erweisen. Jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, weiß ich, dass dies unnötig war. Aber der Sieg liebt eben die Vorbereitung ;-)
Für die letzte Etappe der Wanderung benötige ich deutlich mehr Zeit, als für die ersten 550 Meter. Der Weg wird immer steiler und schwieriger und die 9 kg schwere Ausrüstung tut ihr übriges. Und schon die nächste Analogie: Mehr als einmal spiele ich mit dem Gedanken abzubrechen und bei der Astenau Alm weiter zu fotografieren. Aber Quitters never win - and Winners never quit. Wenn ich jetzt abbreche, war ein großer Teil der Anstrengung umsonst, ich werde nicht die Fotos machen, die ich mir vorgenommen habe und ich werde damit Leben müssen, dass ich kurz vorm Erfolg abgebrochen habe. Also weiter. Die Dämmerung setzt ein und ein Blick nach oben verrät mir, dass es doch noch recht weit ist. Doch aufgeben? Niemals - auch wenn ich es nicht pünktlich zum Sonnenaufgang schaffen werde...
Aber auch der weiteste Weg findet einmal ein Ende und oben angekommen werde ich auf 1.957 Metern mit folgender Aussicht belohnt:
Eine letzte Analogie hielt der Abstieg noch für mich bereit. Ich blicke also den Weg runter und stelle mir die Fragen wie ich da hoch gekommen bin und vor allem, wie ich wieder runter kommen soll... Ich freue mich, dass mein Abstieg nicht dokumentiert wurde und auch, dass niemand dabei war. Teilweise waren die Streckenabschnitte so steil, dass ich Rückwärts und auf allen Vieren wieder runter bin. Die letzte Analogie besagt, dass es im Leben auch wichtig ist sich regelmäßig einen Überblick über die Lage zu verschaffen und auch mal zwei bis drei Schritte zurück zu gehen, um sicher ans Ziel zu kommen. Obwohl ich dies sehr Ernst nehme, hat es mich beim Abstieg einmal richtig auf den Bart gelegt - Gott sei Dank ohne größere Verluste...
Bleibt festzuhalten, dass dies wieder einmal ein grandioses Erlebnis war, welches die Bilder nicht einmal ansatzweise wiedergeben können.